Taufe in Kleinschenk

TaufbeckenDas jungvermählte Paar war richtig stolz und glücklich, wenn es in den ersten Monaten nach der Hochzeit bekannt wurde, dass sich Nachwuchs ankündigte. Manch junger Vater wünschte sich als Erstgeborenen einen Jungen als sogenannten „STAMMHALTER“ der Familie, die junge Mutter wünschte sich eine Tochter. Sie solle ihr später  im Haushalt sowie bei Feldarbeiten helfen. Der Sohn solle den elterlichen Hof übernehmen, ihn weiter bewirtschaften oder das Handwerk seines Vaters erlernen und die Werkstatt weiter führen. Nach Monate langen Wartens und Ungewissheit war das Kind da, zur Freude des Vaters oder der Mutter. Nach altem Brauch musste das Kind nach sechs Wochen zur Heiligen Taufe gebracht werden.

1 Taufe
Taufpatinen mit Mutter und Kind (v. links Marianne Folberth, Mutter Inge Dietrich mit Sohn Albert und rechts Christa Balthes) im Kirchenhof zu Kleinschenk am 04.04.1983

Um dieses kirchliche Zeremoniell zu begehen, brauchten die jungen Eltern Taufpaten, welche man aus den Reihen der Anverwandtschaft nahm. Der Vater des Kindes begab sich in den ersten Wochen nach der Geburt des Kindes im Kirchengewand während des Nachtglockenläutens am Samstagabend zum Pfarrhof. Der Vater meldete die Taufe des Kindes an. Eine andere Aufgabe des Vaters war auch das „Gevatterbitten“, d. h. Taufzeugen und Taufpaten zu dem festgesetzten Taufgottesdienst einzuladen. Die Zusage der Taufpaten, die nicht abgelehnt werden durfte, hatte große Bedeutung für die Eltern. Es war eine Ehre und Pflicht dem Kinde und den Eltern gegenüber, das christliche Versprechen einzuhalten.

Die Taufe des Kindes vor der Kriegszeit wurde in der Vesper abgehalten, später wurde die Taufe in den Hauptgottesdienst am Sonntag oder am zweiten Tag von Feiertagen (Ostern, Pfingsten) verlegt. Die Taufpaten gingen zum Gottesdienst und die Goden (Taufpatinnen) in festlicher Tracht begaben sich in das Elternhaus des Kindes mit dem Taufgeschenk. Die Geschenke bestanden aus Gegenständen, Kleidung, Schmuck oder Geld, die zusammen mit einer Flasche Wein oder auf einem Teller mit 10 Eiern und einem Stück Butter (250 g) übergeben wurden. Zusammen begab man sich zur Kirche, wartete auf dem Kirchhof sowie unter der Orgelempore, bis die Kirchengemeinde das Tauflied gesungen hatte.

Bei der ersten Strophe des Liedes wurde das Taufbecken von einem festgelegten Schuljungen aufgedeckt. Bei der zweiten Strophe traten die Taufpaten hervor, begleiteten das Kind und die Taufpatinnen zum Taufbecken. Das Taufkind wurde von der ältesten Patin zur Taufe getragen sowie über dem Taufbecken gehalten. Die Mutter des Kindes blieb an der Kirchentür stehen, später wurde sie auch zu der Taufe hinzugelassen. Der Vater des Kindes saß auf seinem Platz in der Kirche, um von dort den Verlauf der Taufe zu betrachten. Einige Jahre vor dem Großen Exodus der Kleinschenker durften die Eltern zusammen mit den Taufpaten zum Taufbecken schreiten.

2 Taufe 3 Taufe

Eltern und Taufpaten in der Kirche

Zum Taufbecken voran schritt der älteste Taufpate. Während der Taufhandlung hielten die Taufpaten ihre Finger (Zeige- und Mittelfinger) der rechten Hand über den Kopf des Kindes, währenddessen der Pfarrer das Kind mit Wasser taufte. Nach der Taufhandlung und der dritten gesungenen Strophe des Taufliedes verließ man das Taufbecken. Beim Hinausgehen aus der Kirche wurde das Kind von der jüngsten Gode hinaus- und heimgetragen. Der jüngste Taufpate hatte dafür Sorge zu tragen, sich dem Kirchendiener (Messner/in) sowie dem Schuljungen für ihre geleisteten Dienste erkenntlich zu zeigen. Es wurden ihnen Geldgaben überreicht.

4 Taufe 5 Taufe
Taufpaten links und rechts und in der Mitte die Eltern Inge und Karl Dietrich mit Taufkind Albert - (Fotos von Hermann Folberth)  Das Taufkind und Taufpaten (v. links Werner Valecsky (Pate),
Marianne Folberth mit Taufkind Albert, Christa Balthes (Patin) und Gerhard Brenner (Pate))
 

Nach Ablauf des Gottesdienstes standen die Mutter und Goden mit dem Kind im Kirchhof, wo man die Glück- und Segenswünsche der Kirchengemeinde entgegennahm. Hierbei hatte jeder die Gelegenheit, das Kind anzusehen. Anschließend ging die Mutter mit dem Kind in Begleitung der ältesten Gode zum Empfang des Segens. Wenn es nur jugendliche Goden gab, bat man eine verheiratete Frau aus der Verwandtschaft. Diese Prozession nannte man „zur Kirchen gehen“. Es bedeutete, dass die Mutter nun wieder in die Öffentlichkeit und zur Kirche (Gottesdienst) gehen durfte, was nach der Geburt des Kindes nicht erlaubt war, man nannte es „Em Keindbatt“ (Wöchnerin). Bei dem festlichen Taufmahl nahmen alle Taufpaten (Taufzeugen) mit deren Familien, wenn vorhanden, Freunde und Familienangehörige teil.

Marianne Folberth